Die barocke Brotlaube wurde in ein modernes Verwaltungsgebäude verwandelt
Zum 15. Mal jährt sich die publikumswirksame Architekturveranstaltung, der „tag der architektouren“. Am 27. und 28. Juni werden in Thüringen 67 Projekte in 33 Städten und Gemeinden zum Besuch einladen, davon in Mühlhausen zwei.
Von Iris HENNING
MÜHLHAUSEN
Neben dem modernen Zweifamilienhaus aus Stahlbetonplatten an der Schwanenteichalle 4 (diese Zeitung stellte das Projekt bereits vor), ist es die Brotlaube am Obermarkt, die von Architketurinteressierten besichtigt werden kann. Die Brotlaube, der ehemalige Sitz der Mühlhäuser Bäckerzunft und heutige Adresse städtischer Behörden, ist in den Jahren 2007/2008 für etwa zwei Millionen Euro grundlegend saniert worden. Die Regie über die eineinhalbjährige Sanierung lag maßgeblich in den Händen des Leiters des städtischen Hochbau- und Gebäudeverwaltungsamtes, Matthias P. Gliemann. Bauherr war die Stadt Mühlhausen. Feingefühl zeigte der erfahrene Architekt im Umgang mit dem zwar schlichten, aber dominanten Barockbau im Stadtzentrum.
Die Brotlaube ist dabei nicht der Urtyp der ehemaligen Bäckerzunft. Er hatte einen gotischen Vorgängerbau aus der Zeit um 1460. Der fiel im Jahr 1689 dem dramatischen großen Stadtbrand zum Opfer. Über zwanzig Jahre sollte es dauern, bis an gleicher Stelle, in der Zeit von 1713 bis 1723, der Barockbau entstand, der bis heute erhalten geblieben ist. In seiner fast dreihundertjährigen Geschichte musste er aber viele Umbauten und Nutzungsänderungen hinnehmen, die nicht immer zum Vorteil des Hauses und dessen Architektur waren. Matthias P. Gliemann hatte während der jüngsten Umbauphase auf so manche unangenehme Überraschung zu reagieren. Außenwänden fehlten Grundmauern und vermutete tragende Wände waren gar nicht vorhanden. „Eigentlich war an dem Haus keine Statik zu erkennen“, beschreibt er die Schwierigkeit bei der Sanierung.
Als wichtigste Kriterien während der Sanierung nennt Gliemann die Schaffung einheitlicher Höhen in allen Geschossen und die Schaffung eines Fluchttreppenhauses mit Aufzug. Zu berücksichtigen waren dabei die Auflagen des Denkmalschutzes und des Brandschutzes. Die priorisierten denkmalpflegerischen Aspekte waren die Erhaltung der Stuckdecken im ersten Obergeschoss bei gleichzeitiger statischer Stabilisierung der Geschossdecken, der Außenwände und der Fundamente, die Bewahrung und Anpassung der barocken Haupttreppe sowie die Gestaltung der Fassade nach historischem Befund. Den barocken Charakter des Hauses zu bewahren und ihn in Einklang mit Erfordernissen eines modernen Verwaltungsgebäudes zu bringen, das auch den Bedürfnissen Behinderter entspricht, sei für ihn eine große Herausforderung gewesen, resümiert der Architekt. Für ihn ist die Sanierung der Brotlaube eine der schönsten Aufgaben in seinem Berufsleben gewesen.
Geöffnet ist die Brotlaube währen der „architektouren“ am Samstag und Sonntag, 27. und 28. Juni, jeweils von 10 bis 16 Uhr. Individuell werden Führungen angeboten.